Digitalisierung im Handwerk - ein Forschungsüberblick

2020-03-12 | monograph. A publication with affiliation to the University of Göttingen.

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​Digitalisierung im Handwerk - ein Forschungsüberblick​ ​
Thonipara, A. ; Höhle, D.; Proeger, T.  & Bizer, K. ​ (2020)
Göttingen​: Volkswirtschaftliches Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen. DOI: https://doi.org/10.3249/2364-3897-gbh-36 

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Authors
Thonipara, Anita ; Höhle, David; Proeger, Till ; Bizer, Kilian 
Abstract
Die Digitalisierung des Handwerks ist ein zentrales Thema für Handwerksorganisationen und Wirtschaftspolitik. Die Forschung zu diesem Thema hat daher in den vergangenen Jahren eine Reihe grundlegender Erkenntnisse hervorgebracht, die für die Weiterentwicklung der Digitalisierungsbemühungen genutzt werden kann. Zu diesem Zweck gibt diese Studie einen kompakten Literaturüberblick über die bisherigen empirischen Erkenntnisse zur Digitalisierung des Handwerks. Hierfür werden insgesamt 32 Studien aus dem Zeitraum von 2012 bis 2020 zusammengefasst, übergreifende Ergebnisse herausgestellt und Forschungsbedarfe definiert. Die Studien werden nach den Kategorien Überblicksstudien, Digitalisierungsindizes, regionale Analysen, digitale Plattformen, Online-Marketing sowie Aus- und Weiterbildung strukturiert. Übergreifende Ergebnisse sind dabei: • Die Betriebe haben grundsätzlich eine positive Haltung gegenüber der Digitalisierung. Die Handwerksunternehmen nehmen die Digitalisierung als Chance wahr, insbesondere um neue Kundenkreise zu erschließen und die Arbeitslast zu reduzieren. Gleichzeitig gehen die Unternehmen vorsichtig mit Investitionen in Digitalisierungs¬maßnahmen und neue Technologien um und sorgen sich um die IT-Sicherheit. Auch fehlende interne zeitliche und finanzielle Ressourcen, fehlende interne Kompetenzen oder Mitarbeiterqualifikationen sowie unklarer wirtschaftlicher Nutzen hemmen den Digitalisierungsprozess in Handwerksunternehmen. Eine enge Begleitung der Unternehmen ist zur erfolgreichen Durchführung von Digitalisierungsmaßnahmen genauso wichtig wie finanzielle Förderprogramme, Mitarbeiterqualifikation sowie das Einbetten der Maßnahme in die Unternehmensstrategie. • Urbane, größere, umsatzstärkere sowie industrienahe Handwerkwerksbetriebe sind stärker digitalisiert. Innerhalb der Unternehmen zeigt sich, dass grundlegende IT-Hardware bereits genutzt wird, neuere Technologien wie Cloudnutzung oder intelligente Sensorik bisher jedoch kaum verbreitet sind. Dabei zeigt sich, dass Bereiche innerhalb der Unternehmen wie die Verwaltung und der Einkauf bereits einen höheren Grad der Digitalisierung aufweisen als die Produktion und Logistik. Zentrale Kommunikations¬kanäle bleiben Telefon und E-Mail. • Regionale Analysen der Homepage- und Plattformnutzung zeigen, dass Betriebe in ländlichen Regionen städtischen Betrieben in der Digitalisierung tendenziell nachstehen. So ist der Anteil der Unternehmen mit einer Homepage oder Plattformnutzung in ländlichen Regionen deutlich geringer als in urbanen Räumen. Dies wird häufig im Zusammenhang mit einem langsamen Internetzugang gesehen, welcher ebenfalls als Hemmnis für die Digitalisierung wahrgenommen wird. Verglichen mit den Gesamtaufträgen im Handwerk wird nur ein sehr geringer Anteil an Leistungen über Plattformen vermittelt. Dabei sind die Gewerbe- bzw. Berufsgruppen sehr unterschiedlich aktiv auf Plattformen. In urbanen Räumen werden Plattformen deutlich häufiger genutzt als auf dem Land, wo traditionelle Informations- und Reputationsmechanismen eine größere Relevanz haben. Dort, wo Plattformen vermehrt genutzt werden, spielen Bewertungen eine wichtige Rolle, wobei negative Bewertungen häufig zum Verlassen der Plattform führen, was eine Positivselektion auf den Plattformen bewirkt. Gleichzeitig konnte beobachtet werden, dass insbesondere Soloselbstständige dazu neigen, für gute Bewertungen unbezahlte Extraleistungen anzubieten, oder sich einem Unterbietungswettbewerb gegenübersehen. Meisterbetriebe sind auf Plattformen zwar in der Minderheit, erhalten aber überproportional viele Aufträge und positivere Bewertungen. • Rund die Hälfte der Handwerksunternehmen hat eine eigene Homepage. Der Anteil variiert stark zwischen Gewerbegruppen. Lebensmittelhandwerke besitzen seltener eine eigene Homepage, während Gesundheitshandwerke häufiger eine Homepage besitzen. Einwohnerdichte, Umsatz im Handwerk, Bildung und Zuzugsrate haben einen Einfluss auf das Betreiben einer Homepage. • Sorgen über eine Substitution von Handwerkerdienstleistungen durch intelligente Automatisierungstechnologie werden von den betrachteten Studien relativiert. Statt einer Abnahme der Arbeitskräftenachfrage wird auf ein wandelndes Anforderungsprofil an die Fachkräfte hingewiesen, das IT-Kenntnisse, die Fähigkeit, sich flexibel an künftige technologische Entwicklungen anzupassen sowie Offenheit für Weiterbildung erfordert.
The digitization of the craft sector is a central topic for craft organizations as well as economic policy. The research on this topic has yielded empirical evidence that can be used to further develop support measures for digitization. This study summarizes the empirical literature on the digitization of the craft sector. We use 32 studies from a time period of 2012 to 2020. The studies are summarized using the categories overarching studies, digitization-indices, regional analyses, digital platforms, online-marketing as well as qualification. Overall, the results can be summarized as follows: • Firms have a positive view of digitization. Craft firms see digitization as a chance, particularly to acquire new customers and reduce the workload. At the same time, firms are hesitant in terms of investments into new technologies and are worried about IT security. Also, the lack of internal temporal and financial resources, the lack of specific competencies and employee qualifications as well as an unclear financial benefit hamper the digitization within firms. Firms need to be accompanied by external support during their digitization measures; similarly important are financial assistance, qualification of employees as well as embedding digitization measure into the firm’s strategy. • Firms that are urban, larger, with a higher-revenue and closer to industrial production are more digitized. Within firms basic IT-hardware is in near-universal usage, while new technologies such as clouds or intelligent sensors are not widespread. Within firms, administrative and purchasing departments are more digitized than production and logistics. The central communication channels remain telephone and e-mail. • Regional analyses show that firms in rural regions are less digitized than firms in urban regions. This can be seen by the lower share of firms having a webpage or using platforms in rural regions. This is often linked to a low share of broadband access in rural regions, which is seen as an impediment to digitization. Compared to the overall market, platforms still play a minor role for craft services. Different sectors and occupational groups show diverging activity on platforms; again, urban firms are more active on platforms than rural ones where traditional informational and reputational mechanisms remain more relevant. Negative ratings on platforms often lead to firms exiting the respective platforms, which leads to a strong selection effect. It has been observed that one-person firms do additional unpaid work to receive positive reviews and face strong competition, which may have negative social consequences. Firms with a Meister-degree are a minority on platforms but acquire an above-average amount of contracts and obtain better reviews. • About half of all craft firms have a webpage. The share varies strongly between different sectors. Food crafts have a below-average, health crafts have an above-average share of webpages. In terms of regional factors, population density craft revenue, average educational level and immigration positively drive webpage usage in craft firms. • Worries about a widespread automation of craft services through intelligent technologies are put into perspective by the studies. Instead of a loss of jobs, the required qualification profiles will change over time, making IT-qualifications and the ability to continually adapt to new technologies more important.
Issue Date
12-March-2020
Publisher
Volkswirtschaftliches Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen
Organization
Volkswirtschaftliches Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen e.V. 
Series
Göttinger Beiträge zur Handwerksforschung 
Extent
34
Language
German

Reference

Citations


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